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Der Weg in den Altyn Emel Nationalpark führt uns nahe an die chinesische Grenze. Nur 54 Kilometer trennen uns vom Land des Lächelns.

Das verdeutlicht uns, wie weit wir inzwischen gereist sind. Während wir Kasachstan gedanklich noch Zentralasien zuordnen, liegt China für uns am anderen Ende der Welt. Betrachtet man die Landkarte, zeigt uns die Nähe zu China eher, wie unglaublich groß dieses Land ist. Wir fahren über neue, vierspurige, einsame Autobahnen und über alte, asphaltierte Fleckerlteppiche, die unsere Eingeweide durcheinanderschütteln.

Nach knapp zwei Stunden erreichen wir den kleinen Ort Basshi. Dort befindet sich das Büro des Nationalparks. Wir bezahlen Eintritt für zwei Nächte.

Die bekannteste Sehenswürdigkeit des Parks ist die singende Düne.

Die singende Düne

Mitten in der Steppe erhebt sich eine hohe Sanddüne. Wenn man Glück hat, hört man sie „singen“. Eigentlich ist es ein tiefes Brummen, wie ein tiefer Ton einer Kirchenorgel oder ein Flugzeugmotor. Wir gehen zum Anfang des Dünenkamms und steigen langsam hinauf. Der Sand ist heiß und weich. Bei jedem Schritt sinken wir tief ein. Zwei Schritte vor, einen zurück. Es weht ein kräftiger Wind, der den Sand über den Kamm bläst. Von ganz oben haben wir einen herrlichen Blick bis zum Ile Fluss. Dann gehen wir auf der windabgewandten Seite hinunter. Bei jedem Schritt gibt der Sand einen lauten, tiefen Ton von sich, die Düne singt. Unten angekommen gehen wir die Düne entlang zum Auto zurück. Und da hören wir die Düne richtig singen. Erst leise, dann immer lauter, von links nach rechts wandernd, hören wir den Gesang. Verursacht wird er durch kleine „Sandlawinen“ auf der windabgewandten Seite. Der hinunterrutschende Sand verursacht den Ton.

Der Aufstieg Oben bläst ein heftiger Wind

Am Parkplatz ist inzwischen ist ein Dacia Duster mit einem spanischen Kennzeichen und einem Dachzelt gekommen. Die Insassen, Davide und Elisa, sind Italiener, die in Spanien leben und von dort losgefahren sind. Wir tauschen uns mit ihnen über die Reiserouten und Empfehlungen aus.

Wir wollen heute bei einem angeblich 700 Jahre alten Baum übernachten, der sich ungefähr in der Mitte des Nationalparks befindet. Dschingis Kahn persönlich soll ihn schon berührt haben.

Die Hauptpiste dorthin führt vom Parkeingang weg. Wir müssten also etwa eine Stunde auf grobem Wellblech zurückfahren und dann eine ebenso lange Strecke zum Baum, vermutlich ebenfalls auf Wellblech. Diese Aussicht gefällt uns gar nicht. Wir nehmen daher einen direkten Weg. Der Weg ist nicht gesperrt, es gibt nur ein Schild mit einem Wort, das wir grob mit „Dorn“ oder „Stachel“ übersetzen können. Wir wissen nicht, was das bedeutet, es scheint jedenfalls kein Verbot zu sein. Also fahren wir los. Anfangs ist der Weg in gutem Zustand. Beim Fluss wird der Weg enger und Büsche kratzen am Autolack. Außerdem führt der Weg durch tiefe Gräben, die wir nur langsam durchqueren können. Nach etwa einer Stunde kommen wir zu einem kleinen Haus und einem Schranken. Zwei Männer sitzen im Schatten an einem Holztisch und trinken Vodka. Sie sind nicht an unserem Permit interessiert und winken uns einfach weiter. Wir öffnen den Schranken und weiter geht’s. Ein Stück danach sollte ein Weg nach Norden führen, aber dieser existiert nicht mehr. Wir müssen daher eine große Schleife ziehen, um zu unserem heutigen Ziel zu gelangen. Manchmal sehen wir weit entfernt kleine Antilopen davonspringen. Die haben hier eine unglaublich große Fluchtdistanz. Wir können nur die weißen Spiegel erkennen.

Als wir bei dem alten Baum ankommen, weht ein heftiger Wind über das Land und wirbelt den Staub auf, der die ganze Landschaft bedeckt. Der Weidenbaum, der über 700 Jahre alt ist, befindet sich hinter einem Zaun. Innerhalb des Zauns steht ein kleines Wildhüterhäuschen. Es gibt zwei Feuerstellen mit gemütlichen Bänken ringsum, einen Picknicktisch mit Sonnenschutz, frisches Wasser und ein Plumpsklo (mit einer alten Zeitung als Klopapier). Außerdem ist ein kleiner Teich hinter dem Haus, in dem man schwimmen könnte und ein Stück entfernt eine heiße Quelle, wo man duschen kann. Die 11 jährige Tochter des Wildhüters zeigt uns den Weg zur heißen Quelle. Wir können uns nur auf Russisch mit ihr unterhalten, aber sie macht einen aufgeweckten Eindruck und was wir nicht verstehen, zeichnet sie rasch in den Staub am Boden. Vor dem Wildhüterhäuschen hockt der Großvater und sieht uns teilnahmslos zu, als wir uns Krautfleckerl kochen.

Diesen Baum hat schon Dshingis Khan berührt

Am nächsten Morgen fahren wir nach Osten des Nationalparks zu den Katutau Bergen. Nach etwa einer Stunde haben wir die Berge erreicht und verbringen den Nachmittag mit Blick auf die dunkelroten Steinformationen. Wir sitzen schon eine Weile im Schatten der Markise, als die beiden Italo-Spanier auftauchen. Sie machen hier ebenfalls Mittagspause. Sie geben uns eine Kostprobe von ihrer Pasta und wir ihnen von unserem Kartoffelgulasch.

Katutau

Am Nachmittag kommen noch ein paar Autos für einen kurzen Stopp vorbei. Ein Tourguide meint, dass dieser Platz weniger bekannt ist, und daher auch so sauber … Offenbar bemerken auch Einheimische, dass viele Plätze total zugemüllt sind.

Gegen 17 Uhr erheben wir uns aus dem Schatten der Markise und machen eine kurze Wanderung zwischen den roten Hügeln.

Die Pflanzen wirken in der Steinwüste wie Korallen Katutau

Dann fahren wir zum Aktau Gebirge, wo wir übernachten werden. Die Straße sieht frisch hergerichtet aus, ist aber trotzdem mit Wellblech übersäht. Das ständige Rütteln am Auto und an unserem Körper ist auf Dauer echt mühsam. Da und dort springen ein paar kleine Antilopen ab, aber sie sind wieder sehr weit entfernt.

Nach etwa 1,5 Stunden sehen wir am Horizont die weißen Berge des Aktau Gebirges. Die Gipsberge wurden zum Glück nicht zum Abbau freigegeben, sondern unter Schutz gestellt.

Die weißen Berge

Im Süden strahlen die Berge in kräftigen Farben, gelb, ocker, rosa, rot. In der untergehenden Sonne kommen die Farben gut zur Geltung. Am Ende der Piste befindet sich ein großer Platz mit ein paar Verschlägen mit Bänken und Tischen, einem Plumpsklo und ein paar Mülltonnen. Die Verschläge sind bereits von anderen Fahrzeugen belegt. Wir sind überrascht, dass gleich fünf Fahrzeuge hier übernachten. Aber es ist Ferienzeit und europäische Touristen interessieren sich eben nicht nur für die singenden Dünen.

Stellplatz Blick ins Tal

Auf einem kleinen Hügel setzen wir uns mit Bier und Chips auf eine Bank, während die Sonne hinter uns untergeht und die roten Berge vor uns in weiches Licht taucht.

Rote Felsen in der Abendsonne

Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, um noch im Morgenlicht und bei angenehmen Temperaturen in das Tal zwischen den bunten Bergen hineinzuwandern. Es ist noch ganz still auf dem Platz. Nur ein Guide ist schon auf den Beinen und nickt uns freundlich zu. Es gibt keinen richtigen Wanderweg, meistens gehen wir im trockenen Flussbett.

Wir wandern im Flussbett ins Tal

Zwischen den Gipsschichten sind dünne Salzadern eingeschlossen. Große Salzkristalle liegen überall am Boden herum und glitzern wie Bergkristalle.

SalzkristalleSalzkristalle

Nach einer Stunde haben wir die weißen Berge erreicht und kehren um. Während einige Touristen jetzt erst in das immer heißer werdende Tal hineingehen, freuen wir uns schon auf unsere Eierspeis und eine Tasse Kaffee.

Schichtkuchen aus Felsen