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In Almaty, der früheren Hauptstadt von Kasachstan, fühlen wir uns wie im Schlaraffenland. Natürlich haben wir gewusst, dass es hier wieder ein großes Angebot gibt, aber es hat uns dann trotzdem überwältigt.

In einem Interfood-Supermarkt, dessen Marmorfassade in heftigem Kontrast zu den heruntergekommenen Balkonen steht, die sich darüber befinden, trauen wir unseren Augen nicht.

Marmor und Plattenbau

Gleich neben dem Eingang steht eine Palette mit Darbo Marmelade. Der Markt führt viele deutsche und österreichische Produkte. Wiesbauer Wurst, Bavariablue Käse, Milka Schokolade, Dallmayr Kaffee, usw. Wir sind vollkommen sprachlos ob dieser Fülle an Produkten. Gleichzeitig wird uns bewusst, dass es sich, gemessen an österreichischen Maßstäben, um ein ganz gewöhnliches Sortiment handelt, das man in Österreich in fast jedem Supermarkt finden würde. Es ist erstaunlich, dass wir das nach wenigen Monaten weg von daheim als Luxus empfinden. Wie viel stärker muss das Gefühl bei jenen Menschen sein, die ihr ganzes Leben lang diesen Überfluss nicht gekannt haben? Kein Wunder, dass Mitteleuropa für viele Menschen auf der Welt als Schlaraffenland gilt.

Wurst aus der Heimat

Wir kaufen in Almaty nicht nur Lebensmittel ein, sondern auch neue Camping-Sessel. Unsere alten Sessel, die wir vor Jahren ganz billig gekauft haben, sind am Ende ihrer Nutzungsdauer angekommen. Almaty ist bekannt für das große Outdoor-Angebot und wir klappern ein paar Geschäfte ab, bis wir etwas Passendes finden.

Außerdem tun wir unserem Elefanten etwas Gutes und lassen eine Halterung des Zusatztanks schweißen, die auf den Pisten in Kirgistan abgerissen ist.

Zu besichtigen gibt es in Almaty nicht sehr viel. Die Kathedrale im Stadtzentrum ist komplett eingerüstet, sodass von den bunten Fassaden und Kuppeln nicht viel zu sehen ist. Direkt daneben im Park der 28 Wächter bestaunen wir die monumentalen Kriegerdenkmäler.

Eingerüstete Kathedrale Furchteinflößendes Kriegerdenkmal

Als wir Almaty wieder verlassen, ist der Verkehr zäh. Außerhalb der Stadt wird der Verkehr lockerer, ebenso schnell werden die Straßen schlechter. Sie sind zwar durchgehend asphaltiert, aber der Asphalt schlägt so hohe Wellen, dass man kaum mehr als 70 km/h fahren kann, ohne von der Straße abgeworfen zu werden. Außerdem gilt ohnehin die meiste Zeit eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h, die wir penibel einhalten.

An einer großen Kreuzung haben sich ein paar Polizisten aufgebaut, die beinahe jedes Fahrzeug anhalten. Auch wir kommen dran. Ein Polizist schlendert langsam zu unserem Auto, salutiert und verlangt die Papiere. Wir geben ihm nur die Kopien und erklären ihm auf Deutsch, dass die Originale bei der Botschaft liegen. Er will unbedingt den Führerschein im Original, aber wir zucken nur mit den Schultern. Zur Erklärung: Kasachische Polizisten gelten als sehr korrupt. Wenn man ihnen einen Original-Ausweis gibt, dann muss man meistens viel Geld bezahlen, um ihn wieder zu bekommen. Die offizielle Empfehlung ist daher, nur Kopien herzugeben.

Der Polizist fordert Wolfgang auf, zum Polizeiauto mitzukommen. Dort umringen ihn alle Polizisten und reden untereinander. Dann fragen sie „Beer? Pivo? Vodka?“ Danach packen sie ein Alkohol-Vortestgerät aus. Während Wolfgang hineinbläst, tippt der Polizist hektisch auf dem Gerät herum, dann zieht er das Gerät plötzlich weg. Auf der Anzeige steht 0,26 Promille. Es ist klar, dass das nicht stimmen kann und wohl ein alter Wert ist, den er gesucht hat. Aber trotzdem glauben die Polizisten jetzt, einen Ansatzpunkt gefunden zu haben. Sie reden davon, dass wir jetzt in ein „Hospital“ fahren müssen. Wolfgang stellt sich immer noch dumm und redet auf Deutsch weiter. Irgendwann rückt der Polizist mit seinem wahren Begehren heraus und sagt „Money“. Wolfgang bietet ihm zuerst 1.000 Tenge (etwa 2,50 Euro) an, nach einem Kopfschütteln 2.000. Ein anderer Polizist, scheinbar der Chef der Bande, will 100 Euro sehen. Wolfgang tut sehr überrascht und gibt ihnen zu verstehen, dass er so viel Geld gar nicht hat. So geht es eine Weile hin und her, bis Judith dazu kommt, die bisher im Auto gewartet hat. Sie zückt das Handy und sagt, dass sie nun die Botschaft anrufen werde. Außerdem versucht sie, ein Foto von den Polizisten zu machen. Sie winken sofort, dass sie kein Foto machen solle und zwei Sekunden später sagen sie, dass wir gehen können. Der erste Polizist zögert noch, die Kopien herauszugeben, aber für 1.000 Tenge streckt er sie sofort entgegen. Zum Abschied schüttelt der Chef Wolfgang sogar die Hand. Soll das jetzt heißen „Nichts für ungut“?

Leider kein Bild von den Polizisten ;-))

Die Hinhaltetaktik zusammen mit der Drohung, die Botschaft einzuschalten, hat gut funktioniert. Der Preis von 1.000 Tenge ist verschmerzbar und vermutlich wesentlich weniger als das, was die Polizisten in der Zwischenzeit von einheimischen Fahrern erpresst hätten, bei denen die Polizisten meist nur ein paar Sekunden beim Fenster hineinsehen. Insgesamt daher wohl ein schlechtes Geschäft für sie, uns aufzuhalten. Trotzdem sind wir froh, dass das unsere einzige Fahrzeugkontrolle in Kasachstan geblieben ist.