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Die nächsten Tage machen wir es uns am Issyk Köl See gemütlich und warten auf ein E-Mail.

NABU (Naturschutzbund Deutschland) betreibt im Norden des Issyk Köl ein Freigehege für Schneeleoparden, die aus den Fängen von Wilderern befreit wurden. Dieses wollen wir besichtigen. Der Standort ist – wohl aus gutem Grund – nicht öffentlich ausgeschildert und auf keiner Karte verzeichnet. Vor ein paar Tagen haben wir eine Anfrage an NABU gestellt, ob wir das Freigehege besichtigen dürfen. Jetzt warten wir gespannt auf eine Antwort.

In Karakol, einer kleinen Stadt im Osten des Issyk Köl, bleiben wir ein paar Tage im Riverside Guest House. Das Haus wird von André, einem Holländer, und seiner kirgisischen Frau geführt und ist sehr nett eingerichtet. Er spricht perfekt Deutsch und erzählt uns, dass er sich bei einem Pfadfinderlager 2007 hier in Kirgistan in die Übersetzerin verliebt hat, die jetzt seine Frau ist. Das Riverside Guest House ist perfekt auf Overlander eingerichtet. Wir können im Auto übernachten, es gibt ein eigenes, kleines Waschhaus mit Duschen und WC, eine Waschmaschine und einen Hochdruckreiniger zum Autowaschen. Außerdem können wir die Gemeinschaftsküche benutzen und bekommen Frühstück serviert.

In Karakol füllen wir unserer Vorräte auf und finden nach langem Suchen auch ein Geschäft, das Schaffelle verkauft. Ein wenig Komfort für kühle Abende und kalte Nächte. Außerdem gehen wir beide zum Friseur. Für Wolfgang ist es ja schon fast Routine, seine Haare einem unbekannten Friseur anzuvertrauen; Judith hat noch etwas Bedenken. Nach einer guten Stunde sind wir beide mit dem Ergebnis zufrieden und bezahlen umgerechnet etwa 7 Euro (für beide zusammen!).

Geschäftszeile in Karakol Altes russisches Holzhaus

Nachdem wir alle Besorgungen erledigt haben, machen wir noch ein wenig Sightseeing. Viel hat Karakol nicht zu bieten, in einem Nachmittag hat man alles gesehen. Als erstes sehen wir uns die russisch-orthodoxe Dreifaltigkeitskirche an, eine wunderschöne alte Holzkirche mit kleinen goldenen Türmchen. Leider ist sie verschlossen und so können wir sie nur außen besichtigen.

Dreifaltigkeitskirche

Als nächstes gehen wir zur Moschee von Karakol. Diese Moschee besteht zur Gänze aus Holz. Sie wurde zwischen 1907 und 1910 von den Dunganen, einer chinesischen Minderheit in Zentralasien, ohne einzigen Nagel gebaut. Da wir in kurzen Hosen und T-Shirt unterwegs sind, befürchten wir schon, draußen bleiben zu müssen. Doch Wolfgang darf ohne Probleme hinein, nur Judith muss einen Umhang anziehen. Dieser ist das absolute Gegenteil zu den Tschadors im Iran. Der Umhang sieht aus wie ein Bademantel mit Kapuze und man kann wählen zwischen blitzblau, lila und grasgrün. So wandelt Judith als blauer Schlumpf durchs Moscheegelände.

Dunganen Moschee

Abschließend besichtigen wir das örtliche Museum. Uns interessiert vor allem der Raum mit den Tierpräparaten, denn hier ist das berühmte Marco-Polo-Schaf ausgestellt. Dieses Tier hat eine massige Statur und imposante Hörner. Leider ist es heute vom Aussterben bedroht. Auch einige Saiga-Antilopen, Schneeleoparden, Bären, Steinböcke und andere sehenswerte Präparate sind zu sehen.

Marco Polo Schaf Saiga Antilope

In der Zwischenzeit haben wir auch eine Nachricht von NABU erhalten. Wir dürfen das Freigehebe besichtigen und sollen uns mit dem Verantwortlichen in Bishkek in Verbindung setzen, um mit ihm alles weitere zu vereinbaren. Juhuu!

An unserem letzten Abend im Riverside Guest House plaudern wir im Garten auf einer Hollywoodschaukel sitzend mit einem deutschen Gast, der mit André eine mehrtätige Bergtour gemacht hat und die letzten Tage vor seiner Heimreise im Guest House verbringt. Ein Mann aus Singapur ist ganz begeistert von unserem Auto. Sein Sohn, mit dem er hier auf Urlaub ist, hat heute Geburtstag. Wir gratulieren ihm herzlich und bekommen ein Stück des Geburtstagskuchens, den André’s Frau Gulzhan gebacken hat.

Für uns geht es am nächsten Tag an das Ostufer des Issyk Köl. Wir haben uns mit der iOverlander-App einen schönen Platz ausgesucht. Wir sind nicht die einzigen, aber gut, es ist Samstag und auch in Kirgistan sind Schulferien. Wir finden einen sauberen Platz im Schatten der Bäume und richten unser Lager ein. Die nächsten beiden Tage verbringen wir hauptsächlich mit Lesen, in der Hängematte dösen, schwimmen (vor allem in der Früh ist das herrlich), Essen und Trinken. Am Abend machen wir ein Lagerfeuer und sehen aufs Wasser, in dem das Mondlicht glitzert.

Am Issyk Köl

Viele Einheimische schauen interessiert auf unser Auto, aber nur wenige trauen sich näher zu kommen. Asaman ist eine Ausnahme. Er ist mit seiner Familie aus Kasachstan hier, um seine Oma zu besuchen. Sein Vater ist hier geboren worden, dann aber nach Kasachstan gezogen. Damals war das alles noch eine Nation. Asaman spricht gut Englisch und erzählt uns, dass er soeben sein Studium abgeschlossen hat und als Übersetzer in Dubai arbeiten möchte.

Umweltschutz ist für die Kirgisen leider noch ein Fremdwort. Sichtbar wird das vor allem an der Müllentsorgung. Die passiert hier nämlich unkontrolliert, überall und jederzeit. Dementsprechend stolpert man im ganzen Land über leere Plastik- und Glasflaschen. Selbst am Strand des Issyk Köl liegen leere Flaschen und Glasscherben herum. Plastikmüll finden wir hier weniger. Das liegt aber vor allem daran, dass die Kirgisen vor dem Heimfahren den ganzen Müll anzünden. Das Feuer überlassen sie dann sich selbst. Bekanntlich wird bei uns ja auch viel Müll verbrannt, aber nur in Verbrennungsanlagen mit entsprechenden Filtern usw. Wir behandeln den Müll jedenfalls weiterhin so wie wir das zu Hause gelernt haben. Wir sammeln ihn und werfen ihn in Mülltonnen (auch wenn wir wissen, dass diese oft nicht geleert, sondern einfach angezündet werden).

Nach zwei Tagen haben wir immer noch keine Antwort vom NABU-Büro in Bishkek. Wir hoffen das beste und fahren in den Norden des Issyk Köl, wo das Freigehege liegt. Auf dem Weg kommen wir an einer Rampe vorbei, wie wir sie schon öfter gesehen haben. Wir nutzen die Gelegenheit, unter den Elefanten zu schauen. Die Ursache für das Klappern können wir nicht finden. Aber der linke Spritzfleck ist schon etwas lose. Wir verstärken die Schraube mit einer Beilagscheibe und schrauben sie wieder fest. Am Nachmittag suchen wir uns einen Stellplatz in der Nähe der Ortschaft Chong Oruktu. Ein Feldweg führt zum Issyk Köl See. Wir passieren einige Furten und kommen schließlich an einem sehr netten Sandstrand ans Ufer des Sees. Wir stürzen uns gleich in die Fluten und sammeln Treibholz für ein Lagerfeuer. Ein paar Leute baden. Am späten Nachmittag kommt ein Lada mit einem Bootsanhänger. Er holt ein Fischerboot ab. Ein junger Mann reitet mit einem Pferd über den Strand. Er legt den Sattel ab und reitet mit dem Pferd ins Wasser. Dem Pferd scheint es zu gefallen.

FahrzeuginspektionUnser Übernachtungsplatz

Uns fällt inzwischen auf, dass das Schloss an der Hecktür ganz schief steht. Als wir die Abdeckung entfernen, fallen uns zwei Muttern entgegen. Sie wurden auf den Straßen regelrecht heruntergeschüttelt. Nur noch zwei von vier Schrauben halten das Schloss fest. Zum Glück ist das rasch repariert.

Am Abend sind wir alleine. Nach dem Essen machen wir ein Lagerfeuer am Strand. Allerdings lockt das Feuer unglaublich viele Mücken an und wir löschen das Feuer rasch wieder.

Am nächsten Morgen werden wir schon in der Dämmerung von Autolärm geweckt. Ein Lada bringt ein Boot zu Wasser. Wir schlafen ein, werden wieder geweckt. Das gleiche Spiel. So geht es den ganzen Morgen. Als wir aufstehen, finden wir insgesamt sieben leere Bootsanhänger am Strand. Ein Lada steht noch am Strand. Die zwei Männer, die zu dem Auto gehören, schwimmen im See und warten offenbar auf die Rückkehr eines Bootes. Wir machen uns Frühstück. Dann stürzen auch wir uns in die Fluten. Es ist wieder herrlich.

Frühstück mit Aussicht

Ein weiterer Lada nähert sich und zwei Polizisten steigen aus. Sie haben ein kleines Heftchen dabei, in dem ein paar Floskeln auf English drinstehen. Nach einem freundlichen ‚Hello, where are you from‘, fragen sie nach unseren Pässen. Wolfgang zeigt ihnen unsere Kopien, die sie sich kurz ansehen. Der jüngere der beiden sucht nochmals in seinem Heftchen und meint dann ‚be careful‘. Die Polizisten unterhalten sich auch mit den beiden Männern am Strand. Kurz darauf kommt ein Boot mit zwei Fischern zum Strand. Ein Fischer unterhält sich angeregt mit der Polizei und sie ziehen sich in das Auto der Polizisten zurück. Üblicherweise werden dort mit der korrupten Polizei Geldscheine ausgetauscht …. Danach verstauen die beiden Fischer rasch ihr Boot auf einem Anhänger und fahren davon. Als der jüngere Polizist nochmals zu uns kommt und ‚be careful‘ sagt, ist uns die Sache nicht mehr geheuer und wir packen auch zusammen. Kaum dass wir startklar sind, springen auch die beiden Männer vom Strand in ihren alten Lada und haben es plötzlich sehr eilig, wegzukommen. Die ganze Situation mit den beiden Polizisten ist etwas eigenartig. Zu uns waren sie sehr freundlich, trotzdem haben wir das Gefühl, dass sie uns nicht hierhaben wollen. Haben wir ihren Nebenverdienst gestört? Keine Ahnung. Auf dem Weg nach Ananyevo begegnet uns zum Glück keine Polizei mehr.