reiseleben.at

Da es in Usbekistan eine Registrierungspflicht gibt, ist es leider unvermeidbar, in einem Hostel oder Hotel abzusteigen.

In Bukhara entscheiden wir uns für Rumi’s Hostel. Als wir auf den Parkplatz einbiegen, entdecken wir das Auto von Deedrah und Valentin. Schön, sie wieder zu treffen! Die beiden haben sich ein Zimmer gegönnt. Leider sind alle anderen Zimmer mit Klimaanlage ausgebucht. So schlafen wir zwei Nächte am Parkplatz in unserem Auto. Es ist heiß und auch in den Nächten kühlt es kaum ab. Nach diesen zwei Nächten sind wir komplett streichfähig und sind sehr froh, als wir dann ein Zimmer bekommen, in dem wir noch drei weitere Nächte verbringen.

Bei dieser Hitze versuchen wir, so gut es geht, der heißen Mittags- und Nachmittagszeit auszuweichen und begeben uns nur vormittags und abends auf Sightseeingtour. Dazwischen genießen wir den Innenhof unseres Hostels und hängen im Schatten herum. Wir surfen im Internet und unterhalten uns mit den vielen weiteren Overlandern, die wir hier antreffen. Etwa ein deutsches Pensionistenpärchen im Landcruiser mit luxuriöser Kabine, einen holländischen Backpacker, zwei Radfahrer aus Moskau, zwei Münchner im Lada, und eben unsere Schweizer Freunde Deedrah und Valentin in ihrem Terry. Hier in Bukhara trifft man Reisende aus den verschiedensten Ländern, die auf genauso unterschiedliche Weise unterwegs sind.

Bukhara kann wirklich mit einer Menge Sehenswürdigkeiten aufwarten. Wir sind überwältigt und fühlen uns in dieser kleinen Stadt sehr wohl. Das Zentrum ist der sogenannte Labi Hauz, ein Platz in dessen Mitte sich ein See (=Hauz) befindet, eingerahmt von drei wunderschönen Medresen. Eine davon sticht besonders ins Auge, die Medrese Nadir Devon Begi aus dem 17. Jahrhundert. Ihr Eingangsportal zeigt zwei Paradiesvögel. Dieses Gebäude war zunächst als Karawanserei geplant, doch kurz vor Abschluss der Bauarbeiten ritt der Chan durch die Straßen und lobte die schöne Medrese. Da sich Chane nie irren, wurde aus der geplanten Karawanserei eben eine Medrese. Gegenüber steht die Chanaka Devon Begi. Im Norden des Labi Hauz steht die Medrese Kukeldash.

Medrese Nadir Devon Begi Urlaubsflair am Labi Hauz

Im Park am See findet man die Statue des Hodscha Nasreddin. Dieser Till Eulenspiegel des Ostens sitzt mit einem verschmitzten Gesicht auf dem störrischen Esel. Kinder und Erwachsene scharen sich um das Bildnis des Manns.

Hodscha Nasreddin

Nicht weit von diesem Platz gelangt man zu den Handelsgewölben. In diesen Bauten aus dem 16. Jahrhundert waren Juweliere, Hutmacher, Geldwechsler oder Mehlhändler untergebracht. Heute finden wir dort nur noch Souvenirhändler. Daran erkennen wir, dass der Tourismus in Usbekistan deutlich weiter entwickelt ist als im Iran.

Wer will bei 40°C Pelzhauben probieren? Straßenhändler in Bukhara

Wir folgen dem Rundgang aus unserem Reiseführer und kommen zur Medrese Ulug’bek (15. Jh.). Hier bezahlen wir 10.000 Som Eintritt, der hoffentlich für die Renovierung verwendet wird. Im Inneren des Gebäudes sind nämlich viele kahle Stellen, wo die Fliesen und sonstigen Dekors fehlen. Die Räume sind belegt von Souvenirläden. Gegenüber steht die Medrese Abdulasiz Chan aus dem 17. Jh. Das Eingangsportal ist wunderschön gestaltet mit gelb-rosa Fliesen.

Medrese Ulug’bek

Wir haben extra lange Hosen angezogen und ich halte den Schal bereit, aber das ist in Bukhara alles nicht mehr notwendig. Selbst die kleine Moschee Magoki Attori, die aus dem 10. Jahrhundert stammt, ist heute nur noch ein Museum.

Wir gehen vorbei an der Miri-Arab Medrese, der einzigen Medrese, die heute noch religiösen Zwecken dient. Gegenüber steht die Kalon Moschee und das Kalon Minarett, das Wahrzeichen von Bukhara. Wir bewundern den großen Platz, der früher 10.000 Gläubigen Platz bot und sitzen eine Weile im Schatten auf einer Bank. Je weiter die Sonne dem Horizont entgegenwandert, desto wärmer wird das Licht. Die Lehmziegel des Minaretts leuchten orange und die Fliesen der Portale beginnen zu leuchten.

Miri-Arab Medrese Kalon Minarett Innenhof der Kalon Moschee

Zum Sonnenuntergang machen wir uns auf den Rückweg zum Labi Hauz. Dort setzen wir uns ins Restaurant am See auf ein köstliches Abendessen. Es werden zwar alle Bestandteile nacheinander serviert (Pommes, dann Shashlik-Spieße, dann der Gemüsespieß), aber es schmeckt sehr gut. Am Nachbartisch haben sich sechs Geschäftsfrauchen aus Bukhara zu einer gemütlichen Runde zusammengefunden. Sie haben sich eine ganze Flasche Zarskaja Vodka kommen lassen. Der Kellner achtet sehr darauf, dass die Vodka-Gläser der Damen nicht leer werden. Außerdem macht er Bilder mit den Handys der Damen und kommt dabei bis zu unserem Tisch herüber. Kurz darauf laden uns die Damen auf ein Glas Vodka ein. Sie haben großen Spaß an unseren Namen (Wolfgang wie Amadeus Mozart) und freuen sich, dass wir als Touristen hier sind.

Heitere Damenrunde

Nächsten Vormittag steht ein besonderer Programmpunkt am Plan: ich will heute endlich mal zum Friseur gehen. Hinter einer plastikverhangenen Schiebetür finden wir ein Salon. Wobei das Wort Salon mehr als übertrieben ist. Es gibt ein sehr kleines Waschbecken, einen Sessel und einen Spiegel. Das Lehrmädchen kann sogar ein paar Wörter Englisch. Ich zeige ungefähr was ich will und es wird … ganz anders. Hier versteht man unter verlaufend schneiden genau das Gegenteil als bei uns. Am Ende hab ich extrem kurze Deckhaare und einen dicken langen Packen im Hals. Aber was will man für nicht mal 4,- US-Dollar auch schon erwarten. Etwas unglücklich gehe ich zum Labi Hauz, wo Wolfgang in einem Café einen Julius Meinl (!) Cappuccino trinkt.

Am Abend gehen wir zum Ark – der Festung der Stadt. Die hohen, dicken Mauern sind beeindruckend. Durch das Registan-Tor, auf dem sich die Loggia befindet, von der der Chan seine Urteile fällte, betretend wir die ehemalige Stadt in der Stadt. Außer einer Moschee mit Holzsäulen, einem Teil des Krönungsplatzes und den Stallungen ist leider nicht mehr viel zu sehen.

Eingang zum Ark Festungsmauer des Ark

Gegenüber des Arks besichtigen wir die Moschee Bolo Hauz mit einem kleinen See davor. Sie sieht anders aus als die Moscheen, die wir bisher gesehen haben. Sie hat schöne Holzsäulen und eine schöne Holzdecke. Hier dürfen wir ohne adäquate Kleidung nicht hinein.

Kunstvoller Holzvorbau der Moschee Bolo Hauz

Zum Sonnenuntergang gehen wir ins Restaurant Minzifer essen. Von der Dachterrasse hat man einen schönen Ausblick auf die Kuppeln des Nachbargebäudes. Wolfgang bestellt sich Manti. Das sind für Usbekistan typische Teigtaschen mit Fleischfüllung, dazu gibt es Joghurtsauce. Ich bestelle mir den berühmten Plov = Reis mit Karotten und Fleisch. Dazu gibt’s einen Melanzani-Tomatensalat und Bratkartoffeln und Bier. Es schmeckt ausgezeichnet. Auch das Service ist sehr gut.

Regionale Küche: Plov und Manti

Der nächste Tag steht im Zeichen von Ersatzteilsuche. Valentin hat sich aus der Nähe von Samarkand gemeldet, dass die Lichtmaschine den Geist aufgegeben hat. Er ersucht uns, am Autoteile-Basar in Bukhara nach einem Ersatzteil zu suchen. So machen wir uns am frühen Nachmittag auf den Weg dorthin. Der Autoteile-Basar liegt im Südosten der Stadt. Hier gibt es wirklich alles – fast alles …. Leider bekommen wir das benötigte Teil nicht. Wir werden auf Tashkent verwiesen. So fahren wir unverrichteter Dinge wieder retour. Auf dem Weg kommen wir an einer Tankstelle vorbei und fragen um 10 l Diesel an. Tatsächlich werden wir betankt (1 l = 4700 Som).

Da wir bereits mit dem Auto unterwegs sind, fahren wir zum Chor Bakr Complex etwas außerhalb der Stadt. Das Gebäude und die Umgebung sind beeindruckend, leider ist der Abend der falsche Zeitpunkt für ein schönes Foto. Wir bummeln etwas herum und sind verwundert, dass wir keinen Eintritt bezahlen müssen, vermutlich haben wir den Nebeneingang erwischt.

Chor Bakr Complex

Die Straßen auf dem Weg in die Innenstadt sind wie immer eine Katastrophe. Bei einem Jahrmarkt parken wir das Auto und gehen zum Samaniden Mausoleum. Obwohl dieses Gebäude sehr schlicht ist und lediglich aus Ziegeln besteht, gefällt es uns sehr gut. Das Abendlicht ist perfekt und die verschiedenen Muster kommen sehr gut zur Geltung.

Samaniden Mausoleum

Nur ein kurzes Stück entfernt befindet sich das Mausoleum Chasma Ayub. Dahinter ist der große Basar, der leider schon seine Pforten schließt, denn es ist bereits 19 Uhr. So gehen wir retour zum Jahrmarkt. Hier befindet sich ein kleiner See, an dem sich einige Restaurants am Ufer entlang reihen.

Auf dem Jahrmarkt

Uns würde es hier sehr gefallen, aber wir wollen nicht im Dunkeln zum Hostel zurückfahren. Es fehlen doch immer wieder mal die Kanaldeckel!!!

Alltägliche Gefahren auf Usbekischen Straßen

So fahren wir retour, parken das Auto und gehen zum Abschluss nochmals ins Labi Hauz zum Abendessen. Der Hunger ist groß und als wir unsere Bestellung von je zwei Hühnerspießen, Shashlik-Spießen und Gemüsespießen, samt Salat und Buchweizen aufgeben, ist der Kellner erstaunt. Er fragt nochmal, ob wir wissen, wie groß die Spieße sind.

Eine kleine Portion Shashlik

Zwei Tische weiter sitzen zwei ziemlich dicke Damen mit einem Herren, die sich zu dritt eine Flasche Vodka genehmigen. Bevor sie das Essen serviert bekommen tanzen die zwei „Grazien“ schon zur Livemusik. Eine hat wirklich coole Bewegungen drauf und macht das sehr gut.

Nach dem üppigen Mahl rollen auch wir uns heimwärts und brauchen einen Schluck Vodka zur Verdauung.

Am nächsten Morgen schenkt uns die Chefin des Hostels zum Abschied eine kleine Tonfigur, die Kinder gemacht haben. Sie stellt Hodscha Nasreddin dar. Hoffentlich bringen wir das zerbrechliche Souvenir heil nach Hause.