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Wenn man mit dem Defender nach Rumänien fährt, dann stehen natürlich auch die Karpaten auf dem Programm. Wir haben uns für eine Route entschieden, auf der wir die beiden bekanntesten Passstraßen, die Transfăgăraşan und die Transalpina befahren. Auf der Transfăgăraşan überqueren wir die Karpaten von Süd nach Nord, und auf der Transalpina von Nord nach Süd.

Einen Vorgeschmack auf die Berge bekommen wir bereits kurz nach Bran, wo das ultimative Dracula Schloss steht – hat zumindest irgendjemand mal behauptet. Seither pilgern die Touristen in Massen hier her. Die Burg sieht schon sehr beeindruckend aus, aber das Drumherum erinnert mehr an Disneyland. So machen wir nur einen kurzen Fotostopp und bummeln durch die unzähligen Souvenirstände.

Schloss Bran

Wir folgen der 73er Straße, die sich in engen Kurven nach Süden windet. Es fahren viele LKW und neben steilen Kehren macht auch der kaputte Asphalt das Fahren schwierig. Der Ausblick ist dafür grandios. Man könnte glauben, wir fahren über eine Alm mit Zäunen, Kühen, Pferden, kleinen Almhütten. Kurz nach Slanic finden wir einen netten Stellplatz für die Nacht. Auf der Wiese bemerken wir einen Fuchs, der keine Scheu zeigt und sich bis auf wenige Meter nähert. Da wir keine Lust haben, von ihm gebissen zu werden (Tollwutgefahr!), und er vor langen Stöcken keine Angst zu haben scheint, werfen wir einen Stein nach ihm. Aber anstatt davon zu laufen, läuft er dem Stein hinterher. Vermutlich wird er von Campern gefüttert und hat deshalb sein natürliches Verhalten verlernt.

Wunderschöner Stellplatz

Fuchs neben der Feuerstelle

Am Abend öffnen wir eine Flasche Fetească Neagră (deutsch: Schwarze Mädchentraube), einen herrlichen rumänischen Rotwein. Dazu gibt’s Wildwürstel, Speck, Käse und Oliven. Als die Sonne hinter den Bäumen verschwindet, zünden wir das Lagerfeuer an und genießen den Abend.

Eine gute Flasche Rotwein und eine würzige Jause - was will man mehr?

Transfăgăraşan

Die Transfăgăraşan begrüßt uns am nächsten Tag mit einer sehr kurvigen Straße mit vielen Schlaglöchern und Bodenwellen in einer herrlichen Berglandschaft. Es ist viel Verkehr, die Sommerferien sind offensichtlich noch nicht vorbei. Beim Vidaru-See, einem Stausee, wollen wir ein Mittagsplätzchen finden, doch die Straße führt leider hoch über dem See durch dichten Wald. Als wir so dahinfahren, kommen wir an einer Bärenfamilie vorbei, eine Bärin und 2 Junge. Wir hätten nicht gedacht, Bären zu sehen, auch wenn wir natürlich in einem Bärengebiet sind.

Braunbären

Braunbären

Die Straße führt weiter zum Balea-See. Unzählige Serpentinen führen uns auf über 2.000 m. Der Ausblick ist herrlich. Die Berge sind hier sehr steil und wir sind bereits über der Baumgrenze. Nur eine große Schafherde ist zu sehen.

Transfagarasan

Am höchsten Punkt der Straße fahren wir durch einen Tunnel und landen in einer anderen Welt. Hier stehen eine Seilbahn-Bergstation und ein großer, gut gefüllter Parkplatz, der von Verkaufsständen gesäumt ist. Es werden Wildwürste, Wildschweinspeck und kleine Käselaibe verkauft, und natürlich jede Menge Ramsch. Wir schlängeln uns langsam durch und bald geht’s wieder bergab. Vom Lac Balea aus sieht die Transfăgăraşan mit ihren unzähligen Serpentinen aus wie eine überdimensionale Carrera-Rennbahn.

Transfagarasan

Ein paar Kehren unter dem höchsten Punkt finden wir einen Stellplatz. In der Nähe ist ein Unterstand eines Schafhirten, der am Abend mit seiner Herde dorthin zurückkehrt. Seine Hunde besuchen uns und legen sich neben unser Auto. Zu fressen bekommen sie bei uns allerdings nichts. Wir bauen das Vorzelt auf und backen einen Zwetschkenkuchen.

Stellplatz in den Karpaten

Am nächsten Morgen ist es sehr kalt, etwa 7°C. Wir sind nicht die einzigen, die hier übernachtet haben. Ein Mann lernt die Hirtenhunde von einer anderen Seite kennen. Er ist mit Stativ und Fotoapparat auf der Suche nach schönen Motiven, nur kommt er der Schafherde zu nahe und wird von sieben Hütehunden recht nachdrücklich vertrieben. Zuerst lächelt er noch, aber als der erste Hund nach seiner Hose schnappt, wird ihm klar, dass die Hunde nicht spaßen. Sie lassen erst ab, als er weit genug von der Herde weg ist. Merke: Wenn Hütehunde zu dir kommen, sind sie ganz friedlich, aber wenn du zwischen sie oder die Herde kommst, dann wird’s gefährlich.

Heute wollen wir den Capra, einen der umliegenden Berge besteigen. Wir starten auf ca 1.900 m und wollen auf knapp 2.500 m aufsteigen. Die Wanderwege sind gut gekennzeichnet und führen über griffiges Gestein nach oben. Die Gehzeiten sind etwas optimistisch angegeben, wir brauchen etwa doppelt so lange als auf den Schildern steht.

Aufstieg

Gipfel"kreuz"

Abstieg

Blick auf den Lac Balea

Nachdem wir beim Auto zurück sind, packen wir zusammen und fahren ins Tal. Wir finden einen netten iOverlander-Platz an einem Bach in Arpaşu de Sus.

Als wir am nächsten Morgen – wie immer nach gemütlichem Frühstück – zusammenräumen, treffen die ersten Hunde ein, die eine Schafherde ankündigen. Sie liegen gemütlich im Gras und sehen uns beim Packen zu.

Rast im Schatten des Autos

Dann verlassen wir die Transfăgăraşan. Wir fahren nach Sibiu, besichtigen ein paar Wehrkirchen und übernachten bei den roten Felsen „Rapa Roşie“.

Transalpina

Die Transalpina (Straße 67C) führt am Lacul Tau vorbei, einem Stausee, dessen Ufer wieder zu steil ist, um ans Wasser zu gelangen. Beim nächsten Stausee, dem Lacul Oaşa, stehen direkt neben der Staumauer mehrere Verkaufsstände. Wir kaufen uns zwei Plaҫinta (Teigtaschen), die mit Kartoffeln und Kraut gefüllt sind.

An der Kreuzung der Transalpina mit der 7A biegen wir nach Osten ab. Die Hauptstraßen sind asphaltiert und gut befahrbar. Aber daneben gibt es nur Feldwege und Forststraßen, die in ganz unterschiedlichem Zustand sind. Die Fahrt über steile Wege, loses Gestein und enge Kurven wird jedoch belohnt mit einsamen Stellplätzen, herrlicher Fernsicht und gemütlichem Lagerfeuer bis spät in die Nacht.

Herrlicher Stellplatz

Am nächsten Tag fahren wir zur Transalpina zurück und weiter bergauf. Die Kehren werden immer steiler und enger. Im zweiten Gang mühen wir uns den Berg hinauf. Wir lassen die Baumgrenze hinter uns und blicken auf eine traumhafte Landschaft. Es geht stetig bergauf, bis auf gut 2.100 m. Am höchsten Punkt befindet sich die obligatorische Ansammlung von Souvenirständen. Wir kommen dem Schnapsverkäufer Florian ins Gespräch, der ein paar Jahre in Deutschland gearbeitet hat.

Blick über die Karpaten

Beim Blick zurück auf die gefahrene Strecke fällt uns eine Nebenstraße auf, die sich die Berge entlang schlängelt. Das ist die „Strategica“, die im Krieg von den Deutschen angelegt wurde. Die Straße ist vor allem bei Motorradfahrern sehr beliebt und derzeit für Autos nur bedingt geeignet. Die talseitige Fahrspur ist abschnittsweise sehr viel tiefer als die hangseitige. Die Schräglage ist mehr als respekteinflößend. Wir passieren die betreffenden Stellen ganz langsam und mit einem mulmigen Gefühl. Als der Weg wieder flacher wird, machen wir Pause.

Schafherde in den Karpaten

Wir sind erst wenige Kilometer auf der insgesamt über 40 km langen Strategica gefahren. Da wir unsicher sind, wie der Zustand der restlichen Strecke ist, beschließen wir, umzukehren. An den neuralgischen Stellen steigt Judith aus und ich fahre alleine weiter. Diesmal fahre ich aus der Spur raus und mit einem Rad auf die schmale Böschung, die nur knapp breiter als unser Reifen ist.

Als wir die heiklen Stellen passiert haben, kommen Gewitterwolken näher. Bald beginnt es heftig zu regnen und kurz darauf auch noch zu hageln. Wir sind auf 1.900 m. Da ein Gewitter am Berg schnell ungemütlich werden kann, fahren wir zurück in das Tal, aus dem wir gekommen sind.

Gerade noch herrliches Wetter ...

... und dann mitten im Hagelgewitter

Wir finden eine idyllische Waldlichtung am Fluss Lotru. Am nächsten Morgen ist es nass vom Regen, doch die Sonne steigt schon hinter den Bergen auf und die Waldlichtung liegt im Morgendunst vor uns. Sehr mystisch. Bald kommt die Sonne raus. Wir entscheiden, den Tag heute hier zu verbringen und die Seele baumeln zu lassen. Am Nachmittag kommen zwei Wanderer vorbei. Die Frau spricht sehr gut Englisch und informiert uns, dass sie ca. 500 m flussabwärts auf einen Bären gestoßen sind. Wir sollen aufpassen und keine Essenreste draußen lassen.

Hier verbringen wir einen gemütlichen Tag

Am Abend wollen wir wieder ein Lagerfeuer machen, aber als das Feuer endlich brennt, vertreibt uns der Regen ins Auto.

Nächsten Morgen fahren wir nochmals die Transalpina hinauf und überqueren den Pass. Über Serpentinen geht es mal runter, mal wieder rauf. In Summe ist die Transalpina steiler und enger zu fahren als die Transfăgăraşan, landschaftlich nicht weniger beeindruckend, aber die Straße nicht so fotogen. Da die Kurven so eng beieinander sind, dass man sie nicht aufs Foto bekommt.

Im Nu sind wir wieder auf 500m Seehöhe unten. Die Luft wird wieder wärmer. In Bumbeşti-Jiu gelangen wir auf die Hauptstraße 66. Das Fahren ist anstrengend, denn es ist immer noch kurvig, die Straße ist eng und die LKW fahren wie die Irren. Erst ab Petroşani wird die Straße besser.

Von hier machen wir uns langsam auf den Rückweg nach Österreich.