Erster Zwischenstopp ist in St. Anne de Beaupré. Dort steht eine große Wallfahrtskirche. Ein riesiges Gebäude, innen wunderschön verziert mit Mosaiken an der Decke und schönen Glasfenstern.
In Baie St. Paul, einem kleinen Ort mit vielen Galerien und einem Museum of Contemporary Art, biegen wir auf die 362 ab, eine Scenic Route, die direkt am Fluss entlangführt. Wobei man eigentlich nicht mehr von einem Fluss sprechen kann, da der St. Lorenz Strom inzwischen mehrere Kilometer breit ist und man das gegenüberliegende Ufer im Dunst fast nicht mehr sieht. Die Straße windet sich am Ufer entlang, über Hügel steil nach oben und genauso steil wieder nach unten (bis zu 15%). Die Wohnhäuser entlang der Straße sind sehr klein, oft nur winzig. Manchmal ist die Garage fast größer als das Haus.
Unser heutiges Tagesziel, Tadoussac, liegt an der Mündung des Saguenay-Fjords in den St. Lorenz Strom. Am gegenüberliegenden Ufer, in Baie St. Catherine, befindet sich das Centre d’Interpretation et d’Observation de Pointe Noire, das zum Nationalpark Parque Marine de Saguenay-Saint-Laurent gehört. Wir müssen für den Besuch des Parks nichts bezahlen, weil heuer zum 150-Jahr-Jubiläum von Kanada der Eintritt in alle Canada Nationalparks gratis ist. Eine tolle Aktion! Wir stehen gerade einmal ein paar Minuten auf einer Aussichtsplattform, da sehen wir schon weiße Punkte im Wasser - Beluga Wale! Sie ziehen mit der Ebbe aus dem Fjord heraus in den St. Lorenz Strom. Dann entdecken wir noch einen Wal mit dunklem Körper, evtl ein Minkwal. Er zieht ganz nahe am Felsen vorbei, immer auf der Suche nach Krill.
Uns wird langsam kalt, denn es hat nur noch 13°C und ist bewölkt. Angesichts der Wetteraussichten (ab dem Abend Regen bis in die Früh) werden wir heute nicht campen. Im Motel ChantMartin bekommen wir ein günstiges Zimmer für eine Nacht. Morgen soll das Wetter besser werden, vielleicht passt es da besser mit einem Campingplatz.
Am Abend gehen wir in das Pick-up Grillé auf einen Burger. Boef Angus, Mousse de foie de voaille, confit d’oignon, réduction de vinaigre balsamique. Sehr lecker!
Am nächsten Morgen buchen wir im AML-Büro eine Zodiac-Tour ab Baie St. Catherine für 13:30 Uhr. Danach fahren wir wieder zum Point Noire. Dort können wir wieder viele Belugas und zwei Minkwale beobachten.
Nach ca. zwei Stunden machen wir uns auf den Weg zum Hafen von Baie St. Catherine. Dort bekommen wir von AML unsere Ausrüstung (wasserfeste Hosen und Jacken) und danach gehen wir an Board unseres Zodiacs. Das Boot hat nur die Form eines Zodiacs, aber es besteht zur Gänze aus Eisen und hat ungefähr 50 Plätze. Wir holen noch weitere Passagiere in Tadoussac ab und dann fahren wir mit voller Geschwindigkeit am St. Lorenz Strom nach Osten. Der Wind bläst uns eiskalt ins Gesicht. Zum Glück haben wir uns sehr warm angezogen.
Mehrere Boote aus verschiedenen Richtungen halten auf einen Punkt zu. Dort stellen wir den Motor ab. Julie, unser Guide, erklärt uns, dass dort Buckelwale sein sollen. Und tatsächlich dauert es nicht lange, bis zwei schwarze Kolosse mit lautem Schnauben auftauchen. Es sind eine Mutter und ihr Kalb. Die beiden sind gigantisch. Sie tauchen ein paar mal zum Luftholen auf, dann verschwinden sie für längere Zeit in der Tiefe. Julie kennt diese Wale. Das Kalb, das heuer geboren wurde, kann nur fünf bis zehn Minuten tauchen, bis es wieder Luft holen muss. So warten wir gespannt, ob sie wieder auftauchen. Und tatsächlich bekommen wir sie nochmals zu sehen. Wir sind begeistert!
Dann fahren wir weiter, um die Wale keinem zu großen Stress auszusetzen. Unterwegs sehen wir einige Delphine (Harbour Porpoise), doch ihnen schenken wir heute neben den Walen nur wenig Beachtung. In einiger Entfernung ist Bewegung im Wasser. Als wir näher kommen, sehen wir, dass es eine große Herde Seelöwen ist. Die sind eigentlich ganz schön groß, größer als ein Schwarzbär erklärt uns Julie.
Kurz nach dieser Sichtung entdecken wir schon das nächste Highlight. Minkwale. Gleich mehrere tummeln sich um unser Boot. Man weiß gar nicht wohin man zuerst schauen soll. Sie wirken etwas ungestümer als die Buckelwale.
Gegen halb vier fahren wir in den Fjord hinein. Auf der Fahrt sehen wir immer wieder Belugawale. Ganz genau verstehen wir Julie nicht, aber anscheinend dürfen die Boote sich den Belugawalen nicht mehr nähern, da sie bereits stark gefährdet sind und man ihnen keinen zusätzlich Stress verursachen möchte. Nach einem kurzen Abstecher in den Fjord, liefern wir zuerst wieder die Gäste aus Tadoussac ab und fahren dann zurück an unseren Anlegeplatz. Im Shop erstehen wir noch ein T-Shirt.
Nach ein paar Erledigungen fahren wir zu den Sanddünen nahe Tadoussac, die uns aber nicht begeistern. Tiefe Reifenspuren, wohin man blickt. Danach machen wir uns auf den Weg zum Campingplatz Tadoussac.
Als wir am nächsten Tag wach werden, verrät ein heller Fleck auf dem Zelt, dass die Sonne scheint. Der Campingplatz liegt oberhalb von Tadoussac mit Blick auf den Fjord und den St. Lorenz Strom. Während wir die Morgensonne genießen, fährt ein Kreuzfahrtschiff in den Fjord hinein. Aus dem Fjord ziehen dichte Nebelschwaden. Während sie das Schiff langsam verschlucken, hören wir das laute, tiefe Signalhorn.
Gegen 9:30 machen wir uns auf den Weg zur Fähre in Les Excoumins. Wir sollen eine Stunde vor der Abfahrt dort sein, das schaffen wir leicht. Wir bekommen einen Platz in der Kolonne zugewiesen, unsere Reservierung wird kontrolliert und auf einer Boardkarte vermerkt. Um 11:30 beginnt die Verladung. Die Autos werden wie Sardinen geschlichtet. Ein älterer Herr springt schon bei der Auffahrt aus dem Auto, offenbar hat er Angst vor dem Einparken auf dem engen Deck. Die Einweiserin übernimmt das für ihn, während er sich einen verächtlichen Kommentar seiner Frau anhören muss. Auch ein dicker Mann mit einem Pickup überlässt der Einweiserin das einparken, vermutlich hat er Angst, dass er die Tür nicht mehr weit genug aufbekommt, um auszusteigen. Wir beobachten die Szenen vom Oberdeck aus und amüsieren uns darüber.
Die Fähre legt pünktlich ab. Die 90-minütige Überfahrt verläuft bei ruhiger See und Sonnenschein ohne besondere Vorkommnisse.
Gegen 14 Uhr erreichen wir Trois-Pistoles. Von dort fahren wir auf der Route 132 und der I 20 bis Mont-Joli, wo wir auf die 136 Süd abbiegen. Die Landschaft verändert sich. Im Vergleich zum Nordufer des St. Lorenz Stroms gibt es hier viele Getreidefelder, die großteils erst abgeerntet werden und Wald, der sich zu verfärben beginnt. Dazwischen fließt immer wieder mal ein Fluss oder ein kleiner See.
Ein Straßenschild weißt uns auf die Heppell Route hin. Wir biegen ab und stehen bald vor einer überdachten Holzbrücke wie im Film „Die Brücken am Fluss“. Die Heppell Brücke wurde 1909 errichtet und ist leider für Autos gesperrt. Der bunt verfärbte Wald und die letzten Sonnenstrahlen lassen die Brücke in ihren besten Farben leuchten. Den Rivier Matapedia abwärts sehen wir noch eine überdachte Brücke namens De Routhierville gebaut 1931.
Die Nacht verbringen wir im Sugarloaf Park bei Campbellton. Der Park ist nach einem Hügel benannt, der Ähnlichkeit mit dem Zuckerhut in Rio de Janeiro hat. Der Campingplatz ist wieder sehr schön im Wald angelegt. Wir bereiten uns aus den übrigen Vorräten an Fertiggerichten ein „Luxusdinner“ und lassen den Tag bei einem Lagerfeuer ausklingen.
Die Nacht war sehr kalt und wir freuen uns auf einen heißen Kaffee. Nach ein paar Besorgungen fahren wir zum Canada Park „Lieu historique national du Canada de la Bataille de la Ristigouche“. Der Guide bei der Kassa ist sehr nett und erklärt uns die Ausstellung. Gezeigt werden Originalteile des Schiffs namens ‚Machault’, das hier von den Briten 1760 in der letzten Seeschlacht mit den Franzosen versenkt wurde, womit die Franzosen endgültig die Herrschaft über Amerika/Kanada verloren haben.
Nach dieser Portion Geschichte geht’s weiter auf der # 132. Unser erster Zwischenstopp ist Carleton-sur-Mer. Wir fahren weit hinaus bis zum Leuchtturm, der zwar sehr klein, aber sehr nett ist. Wir machen einen kurzen Strandsparziergang, bevor wir dann weiter Richtung Osten fahren.
In Bonaveture machen wir Mittagspause. Im La Chope à Soupe, einem stylischen Lokal, bestellen wir eine Fischsuppe und ein Gericht mit Shrimps und Muscheln in Bechamel-Sauce und mit Kartoffelpüree überbacken. Beides schmeckt ausgezeichnet. Danach gönnen wir uns einen Espresso - der beste Kaffee, den wir in Kanada bisher hatten.
Vor Percé wird die Landschaft immer flacher. Rechts von uns ist das Meer und links reiht sich ein Dörfchen mit netten Häusern ans andere. Gegen 17 Uhr fahren wir kurz vor Percé über einen Hügel und dahinter erblicken wir zum ersten Mal den Felsen Rocher Percé im Meer. In der Abendsonne leuchtet er in kräftigem Orange. Wir machen natürlich sofort einen Fotostopp. Eine schmale Straße führt zum Aussichtspunkt hinauf. Oben befindet sich ein Parkplatz und ein Häuschen, wo normalerweise der Eintritt zu bezahlen ist. Aber jetzt ist niemand da und wir gehen gratis nach oben. Der Ausblick ist toll. Der Felsen ist vergleichbar mit den 12 Aposteln in Australien. Das Meer wäscht das weiche Gestein heraus und übrig bleiben große Brocken, die sich zu Brücken oder Säulen formen, bevor sie ganz zerfallen. Bei Ebbe kann man vom Festland auf den Felsen hinübergehen, aber jetzt ist er durch das Wasser vom Festland getrennt.
Nach diesem Ausblick suchen wir uns einen Campingplatz. Es gibt eine große Auswahl davon und wir entscheiden uns für den Nature Océan Chalets & Camping, weil er auf einem Hügel liegt und wir befürchten, dass es heute Nacht wieder sehr kalt wird. Der Platz ist sehr schön angelegt, mit gepflegtem Rasen, einigen Chalets und natürlich überwiegend Plätzen für Wohnwägen und Caravans. Mit unserem Zelt sind wir ziemlich alleine. Kein Wunder, beträgt die Tagestemperatur doch um diese Zeit üblicherweise um die 15°C, und nicht 25°C, wie sie für morgen vorhergesagt ist. Wir haben echtes Glück mit dem Wetter. Nur die Nächte sind schon kalt.
Nachdem wir unser Zelt aufgebaut haben, nehmen wir einen Sundowner am Aussichtspunkt des Campingplatzes mit Blick auf die Felsen. Danach kochen wir aus unseren Vorräten die beiden Bergsteigerpackungen und als Vorspeise eine Tomatensuppe. Es schmeckt einigermaßen, und wir werden satt. Dann begeben wir uns in den Aufenthaltsraum. Wir setzen uns auf eine gemütliche Couch, es ist beleuchtet, geheizt, wir haben Strom und WIFI. Wir haben sehr viel Komfort für ein kleines Zelt.
Die Nacht ist wärmer als erwartet. Wir schlafen sehr, sehr gut.
In der Früh bläst ein starker, aber warmer Wind, es hat um 8 Uhr schon 17 °C. Kurz nach Percé machen wir noch einen Fotostopp bei der Malbaie Salzmarsch. Die Sonne wärmt uns das Gesicht und wir genießen den Blick aufs Meer auf einer Hollywoodschaukel.
Dann fahren wir los in Richtung Gaspé. Das Thermometer steigt auf 27 °C. Die Straße führt am Meer entlang und die Siedlungen bestehen aus vielen kleinen, bunten Holzhäusern.
Nach Gaspé biegen wir in den Parc National du Canada Forillon ein. Am Eingangstor zum Südteil des Parks erfahren wir, dass im Süden alle Campsites geschlossen sind. Nur der Camping Des-Rosines im Norden ist geöffnet. Am 4. September hat die Hauptsaison aufgehört, und auch die Nebensaison ist am 9. Oktober bereits zu Ende.
Vom Petit-Gaspé-Beach führt ein schöner Rundwanderweg auf den Mont-Saint-Alban. Oben ist eine Aussichtsplattform errichtet, die einen 360°-Blick ermöglicht. Wir sind in einer knappen Stunde oben, genießen die Aussicht, machen Fotos und setzen dann die Runde fort. Ein Stück unterhalb des Gipfels machen wir an einem Aussichtspunkt unsere Mittagsrast. Die Jause schmeckt vorzüglich. Der zweite Teil des Rundwegs ist nur mäßig steil und wir gehen gemütlich durch den Wald. Die Bäume färben gerade um, und die Farben sind sehr intensiv. Wieder zurück am Parkplatz setzen wir uns noch kurz an den Strand und beobachten einen Seehund, der aus dem Wasser schaut, wenn die Steine am Strand von den Schritten der Besucher rascheln.
Danach fahren wir in den Nordteil des Parks. Zuerst besichtigen wir das Cap-des-Rosiers mit dem damals größten Leuchtturm Kanadas. Auch wenn ein Kassahäuschen vorhanden ist, müssen wir nichts bezahlen. Einer der Vorteile, wenn man in der Nachsaison unterwegs ist.
Am Eingang zum Nordteil des Nationalparks ist auch kein Mitarbeiter zu sehen. Es dauert ein wenig, bis wir beim Interpretation Center jemanden finden, bei dem wir den Campingplatz buchen können. Andere Besucher sind ähnlich unschlüssig und irren ratlos durch die Gegend.
Mit der Buchung in der Tasche fahren wir noch zum Cap-Bon-Ami. Von dort hat man einen schönen Blick auf das Cap-Gaspé. Leider ist es am Nachmittag im Schatten.
Unser Campingplatz liegt windgeschützt zwischen den Bäumen und Sträuchern. Das ist bei dem heftigen Wind, der den ganzen Tag bläst, kein Nachteil.
In der Früh werden wir von Regentropfen wach, die auf das Zelt klopfen. Leider hat sich die Wettervorhersage bestätigt. Wir packen rasch zusammen und fahren los. Es geht entlang der Küstenstraße # 132, an der sich ein malerisches Fischerdörfchen an das andere reiht. Dazwischen fahren wir durch prächtig bunten Indian Summer.
Es ist Sonntag Vormittag und trübes Wetter und somit sind kaum Autos oder Leute auf der Straße. Alles wirkt noch ziemlich verschlafen. Wir fahren durch Dörfer mit klingenden Namen wie Rivière-au-Renard, Coridorme, Petit und Grand Vallée, Sainte-Madeleine-de-la-Rivière-Madeleine und Saint-Maxime-du-Mont-Louis.
In letzterem kehren wir im L’Amarré Café Bistro auf ein verspätetes Frühstück oder frühes Mittagessen ein. Wir bestellen beide Oeuf Bénédictines Atlantique und bekommen eine Riesenportion von Lachs in Sauce Hollandaise auf Ciabatta, mit zwei pouchierten Eiern, Paprikagarnitur, gebratenen Kartoffeln und frischen Früchte. Es schmeckt himmlisch und ist mehr als reichlich. Dazu gibts reFil(l)terkaffee.
In Saint Ulric machen wir einen kurzen Abstecher zu einer weiteren überdachten Brücke. Die Pierre Carrier Brücke stammt aus 1918 und ein Plakat erklärt, dass es in der Provinz Quebec 91 solcher Brücken gibt. Nach Mont Jolie ist die Landschaft wieder mehr von Landwirtschaft geprägt. Man sieht Getreidefelder, Kühe, Pferde und Bauernhöfe.
Gegen Abend erreichen wir Rivière-du-Loupe,wo wir in der L’Auberge de Rivière-du-Loupe einchecken. Auf der Terrasse der Hotelbar genießen wir einen Sundowner mit Blick auf den Fluss.